Tabu & Geschlecht
In modernen westlichen Gesellschaften scheint Geschlecht nicht mehr tabuisiert zu werden. Tatsächlich wird das weibliche Geschlecht im heutigen Medienzeitalter intensiv ausgestellt, gleichzeitig jedoch weitgehend dethematisiert. Diese Dialektik von Thematisierung und Dethematisierung findet sich auch in Bezug auf das Tabu, das einerseits Neugierde weckt und andererseits diese Neugierde zu unterdrücken versucht.[1]
Das Spannungsfeld Tabu & Geschlecht verweist auf das Faktum, dass nur die wenigsten Tabus allgemeiner oder globaler Art, sondern grundsätzlich kontextabhängig sind. „Größtenteils sind Tabus kulturspezifisch und innerhalb der jeweiligen Kulturen in ihrer Geltung und Reichweite geschlechtsspezifisch codiert, was in der bisherigen Forschung nur unzureichend Beachtung gefunden hat“[2], konstatieren Benthien und Gutjahr.
Dieser Bereich widmete sich einem bislang wenig erforschten Spannungsfeld, das auf brisante Problemstellungen verweist. Gezeigt wurde, wie Geschlecht tabuisiert wird, aber auch zur Tabuisierung von anderen Inhalten herangezogen werden kann. Zudem wurde die von Ute Frietsch skizzierte Paradoxie, wonach Geschlecht zugleich Tabu und Feld des Wissens darstellen kann,[3] thematisiert, indem auf Gender-spezifische Tabubrüche in der Wissenschaft eingegangen wurde.
Für die Analysen von Jelineks Thematisierungen und Überschreitungen von Tabus erschien eine grundlegende Auseinandersetzung mit der Funktion von Geschlecht als unabdingbar. Dieser Bereich stellte somit eine Basis für alle weiterführenden Studien dieses Portals dar, die sich mit Jelineks Tabubrüchen und jenen von anderen Künstlerinnen auseinandersetzten.
[1] Vgl.: Frietsch, Ute: Der Wille zum Tabu als Wille zum Wissen. In: Frietsch, Ute u.a. (Hg.): Geschlecht als Tabu. Orte, Dynamiken und Funktionen der De/Thematisierung von Geschlecht. Bielefeld: Transcript 2007, S. 9-16.
[2] Benthien, Claudia / Gutjahr, Ortrud: Interkulturalität und Gender-Spezifik von Tabus. In: Benthien, Claudia / Gutjahr, Ortrud (Hg.): Tabu. Interkulturalität und Gender. München: Fink 2008, S. 7-16, S. 8.
[3] Vgl.: Frietsch, Ute: Der Wille zum Tabu als Wille zum Wissen, S. 12.
DIE BEITRÄGE DIESES BEREICHS:
Ute Frietsch:
Geschlecht und Tabu
Elfriede Jelinek
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