MORAL
Der Begriff Moral verweist auf Konventionen und Regeln bestimmter Individuen bzw. Gruppen und divergiert nicht nur von Kulturraum zu Kulturraum, sondern zeichnet sich auch durch seine Eigenschaft aus, nicht deskriptiv, sondern bewertend zu sein.
„Moralische“, also die Sitte betreffende Tabus, erweisen sich als Sozialstruktur und stehen als solche – wie beim Phänomen Tabu allgemein ausgemacht werden kann – außerhalb des Diskurses.
Wenn Tabus „Messstationen für kulturelle Selbstzwänge wie auch Frühwarnstationen gesellschaftlicher Entwicklungen“[1] sind, wie dies Herford und Kröger konstatieren, so gilt das vor allem für Tabus, die dem Bereich „Moral“ zugeordnet werden.
Dieser Bereich beschäftigte sich mit dem Spannungsfeld Körper und Frau. Untersucht wurde, wie Jelinek sowie vergleichbare österreichische und internationale Künstlerinnen den weiblichen Körper thematisieren und welche subversiven Überschreitungen in diesem Zusammenhang festzustellen sind.
Zudem wurde den Fragen nachgegangen, inwiefern das aktive Begehren der Frau bei Jelinek einem Tabubruch gleichkommt, wie das damit verbundene Scheitern zu bewerten ist und welche Sanktionen sich gegen die begehrende Frau richten.
Ebenfalls in den Kontext „Moral“ gestellt wurde Jelineks explizite Darstellung von Sexualität, wobei hier ihr Engagement gegen Pornographie vor dem Hintergrund der Etikettierung ihrer Person als „Pornographin“ beleuchtet wurde. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die internationale Rezeption von sexuellen Tabubrüchen in Jelineks Werk gelegt.
Dem Thema Prostitution, das nach wie vor hauptsächlich in politischen Diskursen tabuisiert wird, widmete sich ein weiterer Unterbereich. Analysiert wurden hier Texte Jelineks (insbesondere ihr Theatertext Über Tiere), die sich kritisch mit dieser Problematik auseinandersetzen, aber auch Arbeiten von nichtdeutschsprachigen Schriftstellerinnen, die dieses Sujet aufgreifen.
[1] Herford, Marta / Kröger, Michael: Kunst der Vermeidung. Eine kurze Geschichte des Tabus. http://www.kuwi.europa-uni.de/de/lehrstuhl/sw/sw2/forschung/tabu/weterfuehrende_informationen/kroeger_herford_gesch_tabu_.pdf (7.11.2013) (= Homepage der Europa-Universität Viadrina Frankfurt an der Oder).
Bildnachweis: Elfriede Jelinek: Raststätte oder Sie machens alle. Deutsches Schauspielhaus Hamburg, Inszenierung: Frank Castorf, 1995. v.l.n.r.: Bernhard Schütz, Inka Friedrich. Foto: Matthias Horn
Elfriede Jelinek
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