Logo der Universität Wien

TABU

Das Wissen darüber, was man in welcher Kultur (nicht) sagen und tun darf, ist für interkulturelle Kommunikationssituationen nicht nur von Brisanz, sondern entscheidet oftmals darüber, ob Kommunikation überhaupt ermöglicht wird. Interkulturelle Diskurse implizieren eine grundlegende Auseinandersetzung mit Tabufragen, da Tabus Aufschluss über sozio-politische, moralische und religiöse Prägungen einer Gemeinschaft geben. Das Hinterfragen von Tabus und Tabubrüchen verspricht dabei nicht nur ein besseres Verständnis von Fremdkultur, sondern trägt auch, im Sinne des Culture-Awareness-Ansatzes, zu einer Reflexion über die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Eigenkultur bei.
Während Sigmund Freud in seiner Abhandlung Totem und Tabu (1912-13) zunächst von „heiliger Scheu“[1] spricht, schlägt Hartmut Kraft für heutige Problematisierungen eine beschreibende Definition vor, um den mittlerweile inflationär gebrauchten Begriff „Tabu“ zu bestimmen: „Tabus sind Meidungsgebote, deren Übertretung mit Ausschluss aus der Gemeinschaft bedroht ist.“[2] In diesem Zusammenhang kommen Tabus auch positive, nämlich gesellschaftsregelnde Funktionen zu, die für Paare, Familien, Parteien etc. maßgeblich sind.
Wesentlich ist, dass Tabus immer kontextabhängig sind: die Hauptkategorien dieses Portals, Politik, Moral und Religion, sind somit als relativ zu betrachten und verweisen darauf, dass Handlungen, Aussagen oder Bilder im sozio-politischen Kontext einer bestimmten Kultur tabuisiert werden können, während das im (gesellschaftlichen) Zusammenhang einer anderen Kultur nicht so sein muss.

Dieser Bereich verstand sich als Basis für die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit Jelineks Tabubrüchen. Er stellte zunächst das Forschungsfeld Tabu als interdisziplinäre Wissenschaft vor.
Dem Verhältnis von Tabu & Geschlecht wurde ein eigener Abschnitt gewidmet, der der Frage nachging, inwiefern Geschlechterkategorien Tabuisierungsprozesse beeinflussen oder generieren.
Mit Tabubrüchen von Künstlerinnen beschäftigten sich die Beiträge des Bereichs Tabu & Geschlecht & Kunst.  

[1] Freud, Sigmund: Totem und Tabu. Einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker. Hg. v. Hugo Heller. Wien: Hugo Heller 1913, S. 83.

[2] Kraft, Hartmut: TABU – Magie und soziale Wirklichkeit. Düsseldorf: Walter 2004, S. 10.


Bildnachweis: Die Drei Weisen Affen. Halbrelief (Holz), Tempel-Schrein Komplex von Nikko, 17. Jahrhundert. Foto: Ron Reznick


Forschungsplattform
Elfriede Jelinek
Texte - Kontexte - Rezeption
Universität Wien

Universitätsring 1
1010 Wien

T: +43-1-4277-25501
F: +43-1-4277-25501
E-Mail
Universität Wien | Universitätsring 1 | 1010 Wien | T +43-1-4277-0