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SANKTION

Tabus werden durch implizite Imperative gesteuert, da es sich bei ihnen nicht um explizite Verbote, sondern um stillschweigend praktizierte Regeln einer Gesellschaft handelt. Werden sie gebrochen, droht die Sanktion in Form von Ausschluss aus der Gemeinschaft. Diese potenzielle Exklusion (wie etwa die Stigmatisierung als „NestbeschmutzerIn“) ist häufig einschüchternder als Sanktionen, die einem Gesetzesbruch folgen. 
Das demonstrative Verletzen von Tabus durch KünstlerInnen, die oft auch eine Grenzen auslotende Funktion in der Gesellschaft übernehmen, wird aber nicht nur durch gesellschaftliche Exklusion, sondern auch in Form von Boykott, (gesetzlich geregelten) Verboten und Zensurmaßnahmen geahndet. In neoliberalen Gesellschaften stellen solche Sanktionsmechanismen wiederum probate Marketingstrategien dar, um Kunstprodukte im Sinn der Gewinnoptimierung skandalträchtig zu vertreiben.

In Hinblick auf Inhalte und Äußerungen Jelineks, die als Tabu brechend wahrgenommen werden, sind unterschiedliche Formen und Ausmaße der Sanktionierung festzustellen. Dieser Bereich des Portals differenzierte zwischen Mechanismen der Stigmatisierung, der Skandalisierung und der Zensur. Auch in diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass Tabus kulturspezifisch funktionieren: was in dem einen Land Erregung hervorruft, polarisiert in anderen länderspezifischen Kontexten kaum – und umgekehrt.
Der Bereich untersuchte zunächst das Verfahren der Stigmatisierung von Jelinek im Kontext der „Nestbeschmutzer“-Debatte der 1980er Jahre, um dann die Rezeption ihrer Österreichkritik im Ausland zu bewerten.
Die Skandalisierungen, zu denen es im Zusammenhang mit Jelineks Werken gekommen ist, beschränken sich auf Österreich, wobei hier der Politik und der Kronen Zeitung als mobilmachendem Boulevardmedium wesentliche Rolle zukommen.
Formen der Zensur sind hingegen primär im nicht-deutschsprachigen Raum bzw. anhand von Übersetzungsprozessen auszumachen.
Eine spezielle Form der „Zensur“ findet sich bei Jelinek selbst in den von ihr verhängten Aufführungsverboten, die auch als eine Art des politischen Protests gesehen werden können, und in verschiedenen Formen des persönliches Rückzugs.

Bildnachweis: profil 44/1994


Forschungsplattform
Elfriede Jelinek
Texte - Kontexte - Rezeption
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